Wo liegt eigentlich dieses Thüringen?

Zwei Studenten der FSU durchquerten Europa mit dem Rad. Immer entlang der Donau waren sie als Botschafter ihrer Alma Mater unterwegs.

von Frank

Mit über 2.800 Kilometern ist die Donau der zweitlängste Strom Europas. Für die radsportbegeisterten Lehramtsanwärter Felix Schumann (24) und Andreas Fekl (21) eine attraktive Herausforderung: „Als angehender Geographie-Lehrer sollte man einiges gesehen haben, um beim Sich-klug-Anhören auch noch möglichst authentisch zu wirken“, scherzt Felix. Im vergangenen August waren die beiden von Uni-Rektor Prof. Dr. Klaus Dicke mit einem Empfehlungsschreiben und FSU-Mitbringseln als „EU-Botschafter“ ihrer Alma Mater auf die Reise geschickt worden. „Ihrem weitsichtigen Engagement für Europa möchte ich mich im Namen der Friedrich-Schiller-Universität von Herzen anschließen“, betonte der Rektor und wünschte den beiden viel Erfolg bei ihrem ehrgeizigen Vorhaben.
Sechs Wochen, so hatten Felix und Andreas geplant, würden sie mit dem Rad von der Donauquelle bis zum Schwarzen Meer unterwegs sein. Das Wetter zeigte sich dabei von Beginn an vorbildlich: Von 30 reinen Fahrtagen hatten die beiden nur einen regnerischen. Wer nun vielleicht andere Unglücke erwartet, dem sei verraten: Außer zwei leicht zu flickenden Reifenpannen (die erste nach stolzen 2.500 Kilometern!) gab es für die FSU-Radler keinen Grund, sich über technische Probleme oder körperliche Gebrechen zu beschweren.


So führte die Tour entlang des Donaustroms von einer Uni-Stadt zur nächsten: Wien, Bratislava, Budapest, Novi Sad und andere mehr. In den Hochschulen zeigten sich die Offiziellen stets so interessiert wie überrascht: „Ein Händeschütteln und das obligatorische Foto, ein paar Give-Aways im Austausch und die Fragen nach Kilometerstand, Hygienestandard und der letzten Zeltstandortwahl“, beschreibt Felix das Prozedere. Ab der österreichischen Grenze gesellte sich immer öfter die Frage hinzu: Wo liegt dieses Thüringen eigentlich?
Ein Stück Heimat fand sich dafür im fernen Serbien, wo  Belgrader Studenten ihre deutschen Gäste ins „Bohemian Quarter“ der Stadt führten: „Ich fühlte mich wie in einem Gitter aus Wagnergassen“, erinnert sich Felix. Doch in eben jenem Belgrad wurden die FSU-Botschafter auch schonungslos über die miserablen Zustände an der dortigen Universität aufgeklärt: Seit zwei Jahren hatte es keine ausländischen Studenten gegeben. Projektgelder landeten zu großen Teilen auf den Privatkonten der höheren Angestellten – den Rektor der Uni nicht ausgenommen. Mit jeder Idee zu internationalen Vorhaben treffe man auf abwehrende Haltung, erfuhren die beiden, und jeder würde lieber woanders arbeiten als „hier, wo sich nichts bewegt“.  Auf ihrem weiteren Weg zur Donaumündung folgten Felix und Andreas endlosen Dörfern. Zahllose Male winkten sie den Bewohnern zu, für die die beiden Radfahrer Seltenheitswert hatten. „Wir waren ein Ereignis und die Kinder kamen, um uns abzuklatschen. Wir fühlten uns fast wie Berühmtheiten!“, erinnern sich die beiden.


Dann endlich, nach fünf Wochen: das Ziel in Rumänien, die Donau-Mündung. Am letzten Tag noch eine Bootstour durchs Donaudelta. Wassernüsse knacken. Die vermeintlich letzten Pelikane brachen gen Süden auf. „Bei einem alten Leuchtturm verbrachten wir die letzte Nacht beim Lagerfeuer am Strand, im Beisein von ein paar zahmen verwilderten Hunden und einem Dutzend anderer deutscher Reisender“, erzählt Andreas. Zu Fuß, als Anhalter oder mit dem Rad waren sie alle hierher gekommen. Einige waren noch unterwegs nach Skopje oder Istanbul. „Wir nahmen an, auch ihr Weg war ihr Ziel“, so Felix. „Wir stießen alle mit dem Wein an, der uns von rumänischen Bauern unterwegs geschenkt wurde und dieser Moment war grandios – ein leuchtender Moment im rumänischen Küstendunkel, von wo man schon nach der Ukraine hinüber sehen konnte.“

(Fotos: © Felix Schumann & Andreas Fekl)

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