Kulturarena: Weil er es kann

Eine Inszenierung des Theaterstücks König Ubu von Alfred Jarry eröffnet dieses Jahr die Jenaer Kulturarena. 

von Robert

Fluchend und pöbelnd wütet die übergewichtige Macbeth-Karikatur Ubu in Polen. Könige und Adlige werden gemordet, das Volk ausgebeutet und immer wieder dreht sich alles um die „Schoiße“ (sic!). Klingt skurril – ist es auch. König Ubu ist eine derbe Satire auf Shakespeare-Dramen wie Hamlet oder Macbeth. Ein sehr modernes Stück des Surrealisten und Dadaisten Alfred Jarry (1873–1907), das wie geschaffen scheint für das Jenaer Theaterhaus.
Doch trotz dieser vermeintlichen ‚Traum-Ehe’ kann König Ubu nicht wirklich überzeugen. Bereits die ersten Akte sind lieblos inszeniert: Wenn Ubu sich mit seiner Frau streitet oder die Gäste an seiner Speisetafel vergiftet, amüsiert nur der Slapstick am Rand. Was ebenfalls negativ sowie verstörend auffällt ist das Bühnenbild, das im Look eines DDR-Todesstreifens daherkommt und (in Kombination mit den teilweise absolut willkürlichen Kostümen) stark an einen der neuen Tarantino-Filme erinnert. Das Bedürfnis, die große Bühne der Kulturarena voll auszuschöpfen, endet hierbei in sinnloser Anhäufung von unpassenden Bühnenelementen.
Doch: Der erste negative Eindruck hält sich nicht. Mit Fortschritt der Handlung gewinnen auch die Szenen an darstellerischer und inszenatorischer Tiefe. Ab der Ermordung von König Venceslas im 2. Akt ist der Zuschauer zwar nicht vom Bühnengeschehen gefesselt, doch von der tölpelhaften Grausamkeit Ubus immerhin gut unterhalten. Einzelne Szenenwechsel werden durch musikalische Einlagen überbrückt: Von Mozart bis Elton John wird hierbei nichts ausgelassen, um jeden Moment des Kitsches oder Pathos’ in den Dreck zu ziehen. An sich ein Pluspunkt – allerdings haben die Musikeinlagen einen elementaren Nachteil: Das eigentlich recht kurze Stück gewinnt an Länge, sodass am Ende der zwei Stunden die Aufmerksamkeit des Zuschauers für das chaotische Bühnengeschehen kaum noch vorhanden ist. Der letzte Akt jedoch lässt das Gesamtgeschehen nicht mit einem schnellen Paukenschlag enden, so wie man es bei der hektischen und wirren Handlung erwarten könnte, sondern verklingt in einer langatmigen Bedächtigkeit.
Der König Ubu auf dem Theatervorplatz ist somit leider nur ‚Durchschnittstheater’ – mit klaren Schwächen bei Anfang und Ende. Schade, denn mit Blick auf vergangene Aufführungen der Kulturarena (wie die Nibelungen oder Meister und Magarita) könnte man besseres vom Jenaer Theaterhaus erwarten.

noch bis zum 13.07.2014
Beginn: 21:30 Uhr
Einlass: ab 20:30 Uhr
Theatervorplatz, Jena

Besetzung

Regie: Moritz Schönecker
Bühne und Kostüme: Veronika Bleffert und Benjamin Schönecker
Musikalische Leitung: Joachim Schönecker
Es spielt das Ensemble des Theaterhauses Jena

Kommentare

Eine Antwort zu „Kulturarena: Weil er es kann“

  1. Avatar von Marcus

    Meine kurze Kritik zur Kritik: Weil er es nicht kann!
    Ob es an der mangelnden sprachlichen Tiefe liegt, oder der fehlenden Stringenz, welche ihren Höhepunkt in der Widersprüchlichkeit der gewollten Aussage findet, die die Kritik von Unique-Online als den verschriftlichten Mangel des Verständnisses für Inszenierungen dieser Größenordnung feilbietet, bleibt zur Hälfte theoretisch. Was jedoch nicht theoretisch scheint, ist, dass es von einem seltsamen Selbstverständnis zeugt, auf den PR-Kanälen des Veranstalters während des laufenden Spielbetriebes dieses Kritikchen zu verbrechen. Das wäre ungefähr so, als ginge ich irgendwo essen und im Anschluss schriebe ich vor der Kneipe auf den Kasten mit der Speisekarte :“Das Hähnchen ist mangelhaft“, oder respektiv auf Höhe der Güte dieser Kritik hier : „Der Gockel tut scheisse sein“. Warum der „Kritiker“ eine Veranstaltung besucht, dessen detailreichen Verlauf er auf der Länge von zwei Stunden nicht mehr zu folgen vermag, bleibt ihm überlassen. Aber um die herausragende Vielzahl darstellender Details erfassen zu können, sollte man vielleicht mehr mitbringen, als nur die Eintrittskarte, dann ersparte man sich vielleicht den Fauxpas um die Bemerkung nach den Kostümen, unter dem Anspruch Jarrys und des absurden Theaters.

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