Mit Cellu l’art bei „Stop Motion“

Foto: © Špela Čadež
Stop-Motion-Kurzfilme: aufwendig produziert erfordern sie viel Kreativität, Geschick und Geduld. Inzwischen ist diese Aufnahmetechnik weitestgehend von Computeranimationen abgelöst. Doch wahre Nostalgiker und Bastler widmen sich auch heute noch hingebungsvoll dieser aufwendigen „Oldschool“-Technik.

von Lea

Die Filme basieren auf vielen einzelnen Fotoaufnahmen, die im Nachhinein so zusammengefügt werden, dass die Illusion einer fließenden Bewegung entsteht – verschiedensten Figuren und Objekten wird so Leben eingehaucht. Eigentlich nicht anders als eine Kamera, die bei einer Filmaufnahme ebenfalls etwa 25 Bilder pro Sekunde aufnimmt und dann zusammenfügt– und doch ganz anders.
Die Herausforderung: die einzelnen Fotos so aneinanderfügen, dass sie ein fließendes Gesamtwerk ergeben. Die Möglichkeiten der kreativen Darstellungen und Spezialeffekte sind dabei quasi unbegrenzt. Auf Basis der Stop-Motion-Technik entstanden später die Zeichentrickfilme, ein möglicher Grund, warum diese Art der Darstellung oft als Kindergenre angesehen wird. Bei den Filmen des gestrigen Abends handelt es sich definitiv nicht um Kinderfilme. Hier wurden den Zuschauern aufwendige Produktionen mit tiefem Sinngehalt geboten.

Los ging es mit dem Film „g-aaah“, der Formen und Buchstaben zu künstlerischen Einheiten verband, die in abstrakter Weise miteinander verschmolzen und dem Zuschauer einen großen Interpretationsspielraum boten. Dagegen thematisierte der Kurzfilm „boles“ die menschlichen Ängste: Einsamkeit und das Gefängnis der eigenen Gedanken – dargestellt durch einen verzweifelten Schriftsteller und seine freizügige Nachbarin, die ein sonderbares Nachbarschaftsverhältnis miteinander pflegen.
Auf humorvoll makabre Weise wurden auch Themen wie kindliche Verlustängste, familiäre Dysfunktionalitäten und der Tod – im Kurzfilm „negative space“ – sowie die menschliche Dummheit, die Macht des Systems und grausame Versklavungen in den Filmen „encounter“ und „operator“ behandelt. Im Kontrast dazu erzählten die Filme „santiago“ und „beyond the mirror’s gaze“ mit sich liebevoll wandelnden Zeichnungen die Geschichte der Menschheit und der Liebe.
Wie viel künstlerische Freiheit die Regisseure mit der Stop-Motion-Technik besitzen, zeigten die Filme „shiny“ und „bei nacht erwacht“ besonders gut. Im letzteren erwachten Bauklötze eines Nachts zum Leben und schwebten als Savannentiere in ihre eigene Welt. Im Film „Shiny“ hingegen bekamen Klamotten ein Eigenleben und boten uns James-Bond-Action pur.
Der mit Abstand längste Stop-Motion Film des Abends, „squirrel island“ mit 21 Minuten, beschäftigte sich mit dem Krieg der Nationen, der Säuberung der Gesellschaft und dem trickreichen Überlebenskampf eines Außenseiter-Eichhörnchens in einer Welt, die dem Untergang geweiht zu sein schien.

Insgesamt bot der Abend ein sehr breites Themenspektrum mit den unterschiedlichsten Darstellungs-formen. Es gelang den Regisseuren, ernste Themen kreativ zu verpacken und mit einem humorvollen Unterton zu versehen. Die Aufnahmen reichten von ruhigen kunstvollen Zeichnungen über plastisch dargestellte Gewalt in jeglicher Form – definitiv nichts für schwache Gemüter.
Letztendlich ist es ein Spiel der Fantasie – jedem Zuschauer ist freigestellt die Filme auf Basis seiner eigenen Erfahrungen, Schicksale und individueller Moralvorstellungen zu interpretieren.

Vielen Dank für diesen künstlerisch-geistreichen Abend!


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