Buchrezension: „Less than Zero“

Autor: Bret Easton Ellis, Verlag: Kiepenheuer & Witsch, 188 Seiten

von Ralf

Oder „Unter Null“ – wie es in der Übersetzung heißt, begann als ambitionierter College-Aufsatz und mündete in einem Bestseller, welcher Ellis (u.a. American Psycho) zum Status eines Kult-Autors verhalf. Der knapp 200-seitige Roman beschreibt die schonungslose Desillusionierung der Upper-Class-Kids im ausschweifenden Los Angeles der 80er Jahre.

Der achtzehnjährige Protagonist Clay kehrt über die Weihnachtsferien vom Elite-College der Ostküste in jene Stadt zurück, in der er seine Kindheit verbrachte. Doch Wurzeln findet er hier nicht. Clay ist in einem chronischen Zustand apathischer Melancholie. Nichts scheint von Bedeutung zu sein, das Leben als stumpfe Aufeinanderfolge von Belanglosigkeiten. Auch die wieder gewonnene Highschool-Clique trägt nicht zu einer Identitätsstiftung bei. Die Charaktere bleiben genauso blass und austauschbar wie Clay selbst. Eine ganze Generation emotionaler Krüppel, welche sich nur noch durch materialistische Dekadenz, schnellen, gesichtslosen Sex und den exzessiven Konsum von Champagner und harter Drogen lebendig fühlt.
Einzig Clays Jugendliebe Blair scheint ein kleiner Ankerpunkt im Rausch von Partys, Orgien und New Wave zu sein. Doch Clay ist nicht in der Lage, seinen tief verborgenen Gefühlen zu ihr Ausdruck zu verleihen. Als er dann noch die schockierende Erkenntnis erlangt, dass sich sein gleichaltriger Freund Daniel für Drogen prostituiert, kumuliert die beengende, surreale Grundstimmung des Buches zu einer unverhohlenen Farce auf den Yuppie-Punk-Video-Wahnsinn der sog. MTV-Generation der 80’er.

Unter Null, das ist die Temperatur der zwischenmenschlichen Beziehungen der Akteure. Unter Null, das ist eine Metapher für die Empfindungen der College-Kids, als sie sich die Folterung eines kleinen Mädchens in einem Snuff-Video ansehen. Unter Null, das ist ein Buch das fasziniert und verstört. Bret Ellis‘ Abgesang auf die Welt des großen Scheins, in der das Sein zum bloßen Klischee verkommt. Zu einer vagen Idee, zu einem nicht enden wollenden Gaukelspiel blutleerer Statisten. Und wir werden uns fragen müssen: wer trägt die Schuld daran?


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