Von Leuchttürmen und musizierenden WGs

Das erste Konzert im August in der Kulturarena spielt der Brite Tom Walker mit großer stimmlicher Präsenz und authentischem Auftreten.

von Ladyna

Sein größter Hit handelt von menschlichen Abgründen und vom Exzess, verpackt in eine eindringliche Stimme mit minimalistischem Piano und sphärischen, eingängigen Refrains. Man hört seinen Liedern an, dass der autodidaktische Multiinstrumentalist ein natürliches Gespür für fesselnde Klänge hat. Am 1. August 2018 trat Tom Walker bei der Kulturarena in Jena auf und begeisterte sein Publikum mit seiner Bühnenpräsenz und seiner charismatischen, kantigen Stimme. Dabei sieht er aus wie der Student von Nebenan, ein kerniger Typ, rotblond und mit Bart und Strickmütze. Sein Konzert lebte nicht davon, dass es das Publikum animiert hätte, Körperteile ausgiebig zu schütteln und angestaute Emotionen herauszubrüllen, sondern eher von der konzentrierten Kraft der Stücke selbst, die eher zum mitwiegen einladen.

Es ist vor allem sein größter Hit „Leave a Light on“, der heraussticht. Insgesamt durchzieht seine Stücke eine einheitliche Formsprache, ein gewisser Grundlang, der fast allen Stücken verbindet. Tom Walker ist weit davon entfernt, das Singer-Songwriter Rad neu zu erfinden. Seine Musik ist nicht sonderlich innovativ, der Sound passt zum Zeitgeist und fügt sich geschmeidig in den gängigen Radiosound ein. Aber was er tut ist äußerst solide und geschieht mit sehr viel Aufrichtigkeit. Oder zumindest gelingt es ihm, dies zu suggerieren. Seine Authentizität ist nicht die eines verkrampften Social Media Stars, der sein Leben in perfekt durch komponierten Bildern zur Schau stellt sondern die eines schweigsamem aber zugänglichen Typen, der neben einem an der Bar ein Bier trinkt. Oder eben auch mal mehrere. Wenn er zum Beispiel erwähnt, dass Jena das letzte von 150 Konzerten ist und dass er sich schon sehr auf Ferien freut. Rau und sensibel und unaufdringlich, ganz wie seine Musik, die sich um seine Stimme herum spinnt.

Er nimmt den Zuhörer mit auf eine akustische Reise durch die angenehm kühle Sommernacht und verpackt schmerzhafte Emotionen in eingängige Rhythmen. Er singt von Leuchttürmen und von seiner Zeit in einer chaotischen, musizierenden WG, aber zwischen den Zeilen eben auch vom Tod und der Angst um einen Freund im Drogensumpf. Musik berührt eben dann ganz besonders, wenn sie Dinge formuliert, die nicht in Worte gefasst werden können, die der Mensch aber auch nicht für sich behalten kann. Die Kulturarena hat ein glückliches Händchen bewiesen und einen interessanten Newcomer eingeladen, dessen Musik genauso auf breites Wohlgefallen stößt wie sein bodenständiges Grinsen. Am Ende strömen die Besucher beschwingt in die Sommernacht hinaus und nehmen den einen oder anderen Ohrwurm mit nach Hause.


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