Dreierromanze mit Dichter

Roter Teppich in Weimar: Die „Schwestern“ und „Schiller“ rahmen Regisseur Dominik Graf (2. v. l.)

Am 31. Juli startet im Kino Die geliebten Schwestern, der Film um die kolportierte Dreierbeziehung zwischen Friedrich Schiller und den Schwestern Charlotte und Caroline von Lengefeld. unique besuchte die Deutschland-Premiere in Weimar.

von David

Stell dir vor, es ist roter Teppich, und die Ehrengäste gehen nicht drüber – oder erst mit einer halben Stunde Verspätung. Das kann bei einer Filmpremiere, die eine gewisse Wichtigkeit ausstrahlen möchte, durchaus mal passieren. Schlussendlich darf der Applaus für die drei Hauptdarsteller, die Produzentin und für Regisseur Dominik Graf doch erklingen. Es ist paradox zu sehen, wie ausgerechnet Graf mit großer Wahrscheinlichkeit auch von Zuschauern gefeiert wird, die seine wüst-experimentellen TV-Krimis (etwa den wunderbaren Tatort: Aus der Tiefe der Zeit) verschmähen.
Die geliebten Schwestern
ist sicherlich ein großes Ereignis nicht nur in Weimar: Es ist Dominik Grafs erster Kinofilm seit dem DDR-Drama Der rote Kakadu. Wieder ein historischer Stoff also, verarbeitet zu einem opulenten Kostümfilm um die große Liebe zwischen drei Menschen. Die zwei Schwestern Caroline (Hannah Herzsprung) und Charlotte von Lengenfeld (Henriette Confurius) verlieben sich beide in den jungen Dichter Friedrich Schiller (Florian Stetter). Damit die Dreierbeziehung erhalten bleiben kann, heiratet Schiller die jüngere Charlotte. Doch gesellschaftliche Konventionen und Eifersüchteleien fordern bald ihren Tribut.
Mit epischem Anspruch – sichtbar an der Laufzeit – erzählt Dominik Graf von der historisch nicht verbürgten, aber doch immer wieder kolportierten Dreierromanze. Die Kinofassung von 138 Minuten ist dabei die kürzeste Version: auf der Berlinale war Die geliebten Schwestern noch in einer Schnittfassung von 170 Minuten zu sehen, und noch 20 Minuten länger wird der Film für die Auswertung als Zweiteiler im Fernsehen dauern. Schon die Kinofassung kämpft zwischendurch immer wieder mit Längen und macht deutlich, dass Graf eher ein Regisseur des kleinen verdichteten Moments (siehe etwa das Bild der silhouettierten Schwestern an Schillers Totenbett) als des epischen Erzählens ist.
Mit milden ästhetischen Stilmitteln entfaltet Die geliebten Schwestern große Augenblicke. Die vierte Wand wird immer wieder gebrochen, wenn die Figuren ihre Briefe in die Kamera blickend rezitieren, während darüber die Handlung weiterläuft. Wie überhaupt Ton und Bild ‚Graf-typisch’ kontrapunktisch eingesetzt werden, ist sehr schön bei der wunderbaren Szene zu sehen, in der beiden Schwestern in einem Landhaus Schillers Ankunft voller erregter Vorfreude „durchproben“ oder auch in der Szene der Antrittsvorlesung in Jena.
Wer einen reinen Schiller-Film erwartet, sei auf den Titel verwiesen. Florian Stetter spielt den großen Dichter solide: ein eigentlich furchtbares Wort – auch wenn er gerade keine Briefe liest, wirkt er bisweilen so, als würde er eher rezitieren als sprechen. Noch wesentlich blasser wirkt Henriette Confurius, die allerdings die undankbare Aufgabe hat, die ohnehin farblos und teils gar desinteressiert charakterisierte Charlotte zu spielen. Der alles dominierende Star des Films ist Hannah Herzsprung als zerrissene Caroline – eine Frau, die aus Liebe auf ihre Liebe verzichtet und den Rest ihres Lebens damit kämpft.

Die geliebten Schwestern
Deutschland/Österreich/Schweiz 2014
ab 31. Juli im Kino

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