Schwer einzuordnende Klangexplosion

(Foto: © Holger John)

Yann Tiersen, der Musiker und Komponist, der durch den Soundtrack zu Die fabelhafte Welt der Amélie auch in Deutschland Berühmtheit erlangte, spielte ein eigenartiges Konzert in der Kulturarena.

von Anna & Babs

Wenn sich auf der Straße, zwischen Spätshop und Postfiliale, die Menschen sammeln, einige mit Eintrittskarten in der Hand, andere mit einer Picknickdecke unter dem Arm, dann steht ein heiß ersehntes Konzert an. So auch am Donnerstagabend, als sich Yann Tiersen die Ehre gab. Bekannt wurde er in Deutschland vor allem durch die Komposition des Soundtracks zu Die fabelhafte Welt der Amélie. Der Franzose versteht sich jedoch mehr als Instrumentalist; bezeichnet wird er gerne als Multi-Instrumentalist – und das wohl zu Recht. Neben dem Klavier spielt er noch Melodica, Geige und Gitarre.
Um kurz vor Acht hat sich das Publikum auf dem ausverkauften Theatervorplatz eingefunden, die meisten sitzen, nur vorne im Zuschauerraum herrscht etwas Gedränge. Pünktlich geht es los – eine hypnotisierende, aber körperlose Frauenstimme erklingt, fast zehn Minuten lang singt sie. Erst danach setzt die Musik ein. Begleitet wird Tiersen von einer vierköpfigen Band; die Musiker wechseln sich untereinander an den Instrumenten ab. Mögen doch die meisten Menschen im buntgemischten Publikum vor allem die Klaviermusik kennen, die ihn so bekannt gemacht hat, findet diese wenig Platz in der Bühnenshow des 45-Jähringen. Vielmehr füllt er fulminante neunzig Minuten mit vielen Melodien und Rhythmen, die sich keiner Musikgattung zuordnen lassen. Muten einige rockig an, sind andere Lieder fast psychedelisch, erlauben sich für ein paar Minuten in eine andere Welt zu flüchten.
Und doch, trotz aller Virtuosität, hat das Konzert etwas Merkwürdiges, als wollte der Funken nicht recht überspringen: Das Publikum schaukelt mit, es applaudiert, mal höflich, mal euphorisch, aber die Distanz bleibt. Das mag an dem sehr wortkargen Künstler liegen, der kaum mehr als ein „Hallo“ und „Goodbye“ herausbekommt, aber vielleicht liegt es auch an all denen, die in Erwartung seichter Klaviermusik zu Tausenden auf den Theatervorplatz geströmt sind – und stattdessen eine schwer einzuordnende Klangexplosion erlebten. Dennoch ertönte am Ende der Veranstaltung aus tausenden Kehlen ein einstimmiges „Zugabe“ und unter tosendem Applaus ließ sich der eigenwillige Instrumentalist nicht lange bitten – und setzte sich noch einmal ans Klavier.

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