„Ich bin Robert Capa“

(Foto: © Theaterhaus Jena)
(Foto: © Theaterhaus Jena)

Am Mittwoch feiert Capa ! Taro im Theaterhaus Jena Premiere. Die Besonderheit der Produktion um die Geschichte des Kriegsfotografen Robert Capa liegt in den zwei verschiedenen Orten, an denen das Stück gezeigt wird.

von Lea & Belind

Dunkelheit. Ein Blitz. Eine Stimme ertönt von hinten. Mehrere Blitze – von einer Spiegelreflexkamera. Der Darsteller beginnt zu erzählen, über die Figur Robert Capa und seine Biographie, die er verkörpert. Sprunghaft sind seine Erzählungen: Vom D-Day in der Normandie, die erste Begegnung mit Gerda Taro, die Entstehung vom „fallenden Soldaten“, damals 1936 während des spanischen Bürgerkriegs. Robert Capa und Gerda Taro heißen eigentlich André Friedmann und Gerda Pohorylle. Er ein Ungarn, sie eine jüdische Deutsche. Gemeinsam erfinden sie die Legende Robert Capa. Und das nur, um ihre Fotos besser verkaufen zu können. Während also die Figur Robert Capa auf der kleinen Bühne im Oberstübchen des Theaterhauses seine gemeinsame Zeit mit Taro eindrücklich und mitreißend erzählt, entwickelt er Fotos: Es wird immer wieder mal dunkel, dann einige Lichtquellen, die aufblitzen, während seine Stimme uns durch das Stück führt. Der gesamte Raum wird zu einer Dunkelkammer – und wir Zuschauer hören und schauen dem „Dunkelkammer-Assistenten“ bei der Entwicklung seiner Fotos zu.
Genauso wie Friedmann sich zu Robert Capa entwickelt, so werden aus den Negativen Abzüge und letztlich Momente eines Augenblicks. Regisseur Christan Franke möchte mit diesem Stück die besondere Liebesgeschichte von André und Gerda aufzeigen: „Sie waren sich eigentlich gar nicht so unähnlich. Damals, während meines Studiums in Jena, kannte ich die Frau an der Seite von Robert Capa gar nicht. In seinen Biographien wurde sie immer nur als seine Geliebte aufgezeigt.“ Dass Gerda Taro maßgeblich für die Legende Robert Capa verantwortlich war, zeigt sich im zweiten Teil dieses Stücks.

(Foto: © Joachim Dette)

„Die Straße ist unser Atelier!“
Zum Auftakt des zweiten Teils von Capa ! Tara ist der Zuschauer erst einmal aktiv gefordert. Doch die kurze Wanderung auf den Friedensberg lohnt sich! Nun ein kompletter Szenen- und Perspektivenwechsel: Anstelle von André erblicken wir nun Gerda auf einem Steindenkmal – ein junger, lebensdurstiger Freigeist, dem diese weitläufige Naturkulisse (ein völliger Kontrast zum ersten Teil) absolut gerecht wird. Die Protagonistin Gerda Taro berichtet nun aus ihrer Sicht anschaulich über ihr Leben: die Liebe, den Krieg, über lebensbedrohliche Gefahren und die Fotografie. Dabei lässt sie uns lebhaft an ihren Gedanken teilhaben, die immer wieder im Zeitverlauf hin und her springen. Durch diese ungeordnete Abfolge ist der Zuschauer geistig gefordert und erlangt immer wieder Aha-Momente des Verstehens einer früheren Szene, die sich erst durch spätere Gedanken Gerdas einordnen lässt.
Wir tauchen ein in die Verzweiflung der 18-jährigen Gerda 1929, die aufgrund ihrer jüdischen Abstammung von ihren Freunden ausgegrenzt wird. Wir erfahren, wie sie mit 22 Jahren in Untersuchungshaft als Druckmittel gegen ihre Brüder landet, und dennoch ihren Optimismus nicht verliert. Sie entkommt, wandert nach Paris aus und lernt André kennen, durch den sie ihre Leidenschaft zur Fotografie entdeckt und zu dem sich eine – mal mehr, mal weniger – romantische Beziehung entwickelt. In Paris nimmt Gerda ihrer beiden Karrieren in die Hand, sie erfinden sich neu und machen aus sich einen Mythos. Besonders die Kriegsfotografie fesselt das Duo, und so reisen sie 1936 an die Bürgerkriegsfront nach Spanien, um den Kampf gegen den Faschismus zu dokumentieren und Wahrheiten in Fotos abzubilden. Dort entstand u. a. das berühmte Bild des fallenden Soldaten, durch den die Figur Robert Capa berühmt wird. In diesem Zusammenhang wird die „zwischenmenschliche Verantwortung“ thematisiert, so Christian Franke, die besonders bei der Übermittlung von Wahrheiten in Kriegsfotografien an Bedeutung gewinnt. Und schließlich erleben wir die Tragik von Gerdas Tod 1937, die während der Flucht aus dem Kampfgebiet unter einen Panzer geriet und wenig später ihren Verletzungen erlag. „Durch ihren Tod hinterlässt sie André ein Vermächtnis, dem er noch den Rest seines Lebens hinterherläuft“, so Franke.

(Foto: © Joachim Dette)

Gegen Ende nutzt Gerda dann den gesamten Schauplatz, der sich ihr bietet: Sie steigt von ihrem kleinen Denkmal hinab, denn das reicht nicht mehr aus, um die aufwühlenden Kriegserfahrungen darzustellen. Dabei erhält das Schauspiel durch die langsam einsetzende Dämmerung auf dem Friedensberg eine besondere Atmosphäre. Die Geräusche der Nacht und die beinahe mystische Dunkelheit, die sich über die Kulisse legen, tragen die immer ernster werdende Stimmung. Schließlich durchquert Gerda auch die Publikumsreihen – hier kann sich das Publikum dann noch auf eine Überraschung freuen! Eine sehr außergewöhnliche und abwechslungsreiche Inszenierung, voller Spannung, Witz und Tragik.

Premiere am 17.05.2017 19:00 Uhr, Oberstübchen/Friedensberg
Alle weiteren Vorstellungen (Veranstaltungsort jeweils Oberstübchen / Friedensberg): Mittwoch, 24.05.2017, 19:00 Uhr; Freitag, 02.06.2017, 20:00 Uhr, Dienstag, 13.06.2017, 20:00 Uhr, Mittwoch, 14.06.2017, 20:00 Uhr, Donnerstag, 15.06.2017, 20:00 Uhr. Infos unter theaterhaus-jena.de.

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