Von Flöten, Kreisen und farbigen Räumen

Socken flogen durch die Kulturarena, am Samstagabend beim Auftritt von Käptn Peng und der Tentakel von Delphi.

von Lydia Pagenkopf & Quentin

Vor acht Jahren veröffentlichte Robert Gwisdek alias Käptn Peng auf YouTube gemeinsam mit seinem Bruder Shaban Videos mit poetischen Sprechgesang, die mit Fischaugenobjektiv im Wald aufgenommen wurden. Nach dem ersten gemeinsamen Album 2012 Die Zähmung der Hydra wurde die Band vergrößert – die Tentakel von Delphi schlossen sich dem Käptn an. Inzwischen erschien dieses Jahr das zweite Album in dieser Konstellation. Und auch die Fangemeinde ist gewachsen – das ausverkaufte Konzert in der Kulturarena war dafür das beste Beispiel.
Der Konzertbesucher, der bisher mit den Texten nicht vertraut war, dürfte wohl Schwierigkeiten gehabt haben, den vor Gleichnissen und Wortgeflechten strotzenden, schnell gerappten Texten immer genau folgen zu können. Der Großteil des überwiegend sehr jungen Publikums hatte damit, wie mit dem eigentlich schlechten, aber gekonnt ignorierten Wetter, allerdings keine Probleme. Die meisten Anwesenden stellten sich als ebenso eingefleischte wie textsichere Fans heraus.
Für den anarchischen Spaßfaktor der Künstler mag beispielhaft das Lied „Sockosophie“ stehen, in dem Käptn Peng ein philosophisches Gespräch mit einer alles hinterfragenden Socke auf seiner Hand führt. Einige Besucher waren besonders gut vorbereitet und stülpten sich ebenfalls zu Beginn des Songs eine Socke über die Hand, die zur Zeile „an meinem Fenster fliegen Socken vorbei“ dem Käptn tatsächlich um die Ohren flogen. Beeindrucken konnte das Konzert auch durch eine fantasievolle Bühnenshow: Als die Dämmerung am wolkenbedeckten Himmel anbricht, stellt die Band fest „jetzt wirkt es wie ein Konzert und nicht mehr wie eine Sparkassenveranstaltung“. Minimalistisch war zwar die Bühnendekoration, aber an Atmosphäre mangelte es dennoch nicht. Mitten im Fanfavourite „Der Anfang ist nah“ kam es zu einer beeindruckend langen Kunstpause, in der ein aus dem nichts erscheinender Flötensolist die Stimmung der teilweise surreal wirkenden Veranstaltung konsequent auf die Spitze trieb.
Die metaphorische Kreispoesie seiner musikalischen Anfangsjahre hat Käptn Peng beibehalten – immer wieder kehrt er zu seinem Lieblingssymbol, dem Kreis zurück. Die Lieder handeln vom Leben, der Suche nach dem Sinn desselbigen oder kritisieren das Bildungssystem und den Druck der Schönheitsideale.
Die zu Beginn geknüpfte Freundschaft zwischen Käptn Peng und dem Jenaer Publikum wurde am Ende nicht enttäuscht. Das Publikum trampelte, jubelte und pfiff – die Band war sichtlich ergriffen von so viel Begeisterung. Eine Zugabe durften sie dennoch (von Seiten der Kulturarena aus) nicht geben; Käptn Peng und die Tentakel beendeten das Konzert spürbar wehmütig und entließen, die euphorisierten Besucher aus einer scheinbar grenzenlosen und bunten Phantasiewelt zurück in die plötzlich seltsam grau anmutende Realität.


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