Eine Heldin mit leichtem Schwert

Judith Holofernes, ehemals Sängerin und Gitarristin von Wir sind Helden, überzeugte bei der KulturArena mit einem musikalisch wie lyrisch stimmigen Gesamtkonzept.

von David Cebulla und Heide

Der Seitenscheitel lässt die langen Haare charakteristisch ins Gesicht fallen. Im leicht schrillen, aber dennoch stimmigen Outfit betritt Judith Holofernes die Bühne. Sogleich fällt das Dolly Parton T-Shirt auf, das sie als Hommage an eine ihrer Heldinnen trägt. Judith Holofernes stellt in diesem Sommer ihr aktuelles Album Ich bin das Chaos auf verschiedenen Festivals vor, so auch am gestrigen Samstag in der KulturArena. Seitdem Wir sind Helden vor fünf Jahren auf unbestimmte Zeit auseinanderging, ist dies nach Ein leichtes Schwert (2014) ihr zweites Soloalbum.
Vieles an diesem Konzert war minimalistisch gehalten: eine bis auf wenige Ausnahmen eher dezente Lichtshow und musikalisch simple Songs, die sich meist mit einigen wenigen Power-Akkorden spielen lassen. Das tat dem Gesamteindruck aber keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil: Dieser einfach gehaltene Rahmen gab den meist anspruchsvollen und oft kritischen Texten mehr Raum und Platz zum Atmen. Mit den Liedern „Oder an die Freude“ und „Danke, ich hab schon“ brachte Holofernes Konsumkritik auf den Theatervorplatz. Auch vor Beethoven macht sie nicht halt: Unweit von seinem Gartenhäuschen wurde aus Schillers „Ode an die Freude“ ironisierende Gesellschaftskritik: „Freude, schöner Götterfunken/ Tochter, mach‘ dein Physikum!/ Wir betreten feuertrunken/ Eigenheim, oh Eigentum!
Kleine Momente machten dieses Konzert groß. Dazu gehörte zum Beispiel das stille und nach innen gerichtete Lächeln, als in den ersten Reihen Konfetti über die Köpfe der Zuschauer geworfen wurde. Oder der eindrückliche Blick zu einem kleinen Mädchen auf den Schultern ihrer Mutter vor dem Song „Charlotte Atlas“. Hier wird deutlich, dass Holofernes möchte, dass ihre Texte ankommen und etwas bewegen – und dass sie nach wie vor ihre Freude am Spiel mit Worten und Sinn nicht verloren hat.

Kompromiss zwischen Altem und Neuen
Ein kreatives Percussion-Set und Instrumente wie Ukulele und Mundharmonika rundeten die ansonsten klassisch besetze Band ab. Doch auch gut überlegt eingesetzte elektronische Sounds kommen zum Einsatz und unterstreichen im Song „Analogpunkt“ gekonnt die Lyrics. Die eher zurückhaltende Begleitband begann allerdings erst nach einer guten halbe Stunde aufzutauen.
Dass sie dem Publikum noch immer vor allem als Sängerin und Gitarristin der „Helden“ bekannt ist, wird der Musikerin bewusst sein. Arena-Besuchern, die ihre Lieder noch nicht kannten, empfahl Holofernes deshalb: „Im Zweifelsfall lieber tanzen!“ Die Texte könne man auch später nachlesen „und dann diskutieren und so“. Mit „Der Krieg kommt schneller zurück als du denkst“, dem melancholischen Liebeslied „Ein Elefant für dich“ und dem Ohrwurm „The Geek“ kamen auch Heldenfans auf ihre Kosten. Das damit nicht die offenkundigen Chart-Hits und Singles aus ihrem „Helden“-Reportoire gewählt wurden, war ein guter Kompromiss zwischen Altem und Neuen. Holofernes legt es schließlich gar nicht darauf an, sich auf Zwang musikalisch von Wir sind Helden abzugrenzen. Auch dem Publikum schien diese Unterscheidung nicht wichtig zu sein.
„Chaos“ auf dem Theatervorplatz stiftete die Heldin eher nicht. Neben einzelnen eingängigen und tanzbaren Liedern orientierte sich das Programm stärker an der titelgebenden Ballade ihres ersten Albums Ein leichtes Schwert. Und so schwang Holofernes ein leichtes Schwert in Jena. Am Ende überzeugte das musikalisch wie lyrisch stimmige Gesamtbild.


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