Rezension: Homo Simpson

Schräg, schrill… schwul: Erwin In het Panhuis wirft in seinem Buch einen sachlichen Blick auf die homo-erotische Seite der Simpsons.

von Robert

Der internationale Kultstatus der gelben Familie aus Springfield lässt sich nicht leugnen: In 70 Ländern ist die Serie zu sehen; kürzlich wurde die 500. Folge ausgestrahlt. Für den Historiker Erwin In het Panhuis, der sich auf die Geschichte der Homosexualität spezialisiert hat, ist das Anlass, sich intensiv mit schwulem Humor bei den Simpsons auseinanderzusetzen. In Hinter den schwulen Lachern kämpft sich der Autor durch eine ausführliche Charakter-, Sprach- und Inhaltsanalyse mit Bezügen zu Politik, Film, Musik, Gesellschaft und anderen Animationsserien.
Bis ins kleinste Detail wird jede Figur analysiert, jede Szene auf mögliche homosexuelle Anspielungen untersucht und gedeutet. So erfährt man unter anderem, dass Homer über fünfzig Mal andere Männer küsst (meist Ned Flanders), jedoch nie einen inneren Lernprozess vollzieht und deshalb weiterhin zu einem unreflektiert stumpfen, homophoben Humor neigt. Oder dass in Folge fünf der vierten Staffel zum ersten Mal auf die Homosexualität von Patty Bouvier, Homers Schwägerin, angespielt wird.
Das Buch erschöpft sich jedoch nicht im Auflisten von Details und Fakten. Die Szenen werden immer in Bezug zum Kommentar des Produktionsteams gesetzt und vom Autor selbst kritisch hinterfragt und bewertet. Unter anderem erfährt man dabei vom immerwährenden Kampf der Produzenten mit der amerikanischen TV-Zensur, die seit dem „Nipplegate-Skandal“ ihre Kriterien verschärfte und deswegen keine nackten Hintern mehr in der Serie zulässt.
In het Panhuis‘ Fazit fällt generell positiv aus: Im Gegensatz zu anderen TV-Cartoonserien wie Family Guy, die durch den inflationären und kontextlosen Gebrauch des Wortes „schwul“ auffällt, gehe es den Machern der Simpsons nicht lediglich um die Wiederholung überkommener Klischees. Die Homosexuellen von Springfield sind keine „Lack-und-Leder-Schwuchteln“, Muttersöhnchen oder Mannsweiber, sondern häufig intelligenter, aufgeschlossener und erfolgreicher als der Durchschnittsbürger der Stadt. Bei den Simpsons lacht man mit ihnen statt über sie. Doch der Historiker schlägt auch kritische Töne an. So bemängelt er unter anderem, dass weibliche Homosexualität im Vergleich zur männlichen unterrepräsentiert sei.
Beim Kauf des Buches sollte man sich allerdings eines Umstandes bewusst sein: Trotz des bunten Covers und der Vielzahl an Illustrationen handelt es sich bei Hinter den schwulen Lachern um ein Sachbuch. Wer Kalauer oder ähnliches erwartet, sollte lieber zur letzten DVD-Box greifen oder abends den Fernseher einschalten, denn viel zu lachen gibt es hier nicht. Die Erklärung der einzelnen Szenen und Sketche ist nüchtern. Wer kein gesteigertes Interesse am Thema hat oder Simpsons-Fanatiker ist, wird sich größtenteils langweilen.

Erwin In het Panhuis:
Hinter den schwulen Lachern. Homosexualität bei den Simpsons
Archiv der Jugendkulturen 2013
205 Seiten
28,00 €

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