Erfurt bei den Vereinten Nationen

Tausende Studenten aus aller Welt simulieren dieser Tage in New York die Arbeit der Vereinten Nationen. Aus Thüringen ist eine Delegation der Universität Erfurt vor Ort. Uns schilderten sie die Eindrücke ihrer Arbeit.

Momentan nehmen 20 Studentinnen und Studenten aus Erfurt an der National Model United Nations-Konferenz in New York teil. In 11 Komitees simulieren sie und Teilnehmer aus zahllosen anderen Ländern die Verhandlungen der Weltorganisation. Die Erfurter MUN-Delegation repräsentiert dabei in diesem Jahr, gemeinsam mit Kollegen aus Bamberg, den vielleicht wichtigsten UN-Mitgliedsstaat, die USA – eine ehrenvolle Aufgabe, die in der Regel den MUN-Teilnehmern namhafter amerikanischer Universitäten vorbehalten ist. Zwei Mitglieder der Erfurter MUN-Gruppe, Lydia Weber und Sarah Duryea, nahmen sich zwischen den Verhandlungsrunden in New York die Zeit, uns ihre Eindrücke zu schildern.

unique: Wie lange bereitet ihr euch denn schon auf die Simulation vor?
Lydia & Sarah: Seit Beginn des Wintersemesters, also Mitte, Ende Oktober. Als Vorbereitung haben wir an mehreren Simulationen in Bamberg, Erfurt und Weimar teilgenommen. Außerdem gab es ein wöchentliches Seminar, in dem wir Tipps zum Verhandeln und Reden halten bekommen haben. In Berlin haben wir die US-Botschaft besucht, das war unter anderem eines der Highlights. Dort durften wir den Sicherheitschef John Spikerman treffen. Außerdem hat uns der Deputy Chief of Mission James Melville und die Leiterin des Generalkonsulat in Leipzig, Teta Moehs, in Erfurt besucht.

Auch in den USA ist New York ja nicht eure erste Station…
Ja, wir durften uns selbst entscheiden, wann wir anreisen, also manche sind schon einige Wochen hier in den USA, oder in Kanada. Am 7. April haben wir uns dann in Washington DC getroffen und hatten verschiedene Termine – State Department, Deutsche Botschaft, Weltbank und Pentagon – was alles super interessant war und natürlich haben wir auch Sightseeing gemacht, wenn man schon mal in der Ecke ist.

Ihr vertretet dieses Jahr die USA, habt aber in den zurückliegenden Jahren oft auch nicht-westliche UN-Mitglieder repräsentiert, etwa Pakistan oder Kuba. Wie schafft man es, glaubwürdig und realistisch solche „fremden Kulturen“ bzw. Standpunkte zu vertreten?
In dem man sich intensiv mit dem Land, der Kultur und Politik auseinandersetzt. Das liest man sich großteils an, schaut Nachrichten des jeweiligen Landes, informiert sich über die Geschichte etc. Wir versuchen natürlich immer auch Vertreter der Länder zu treffen, aber das ist eben nicht immer einfach.
Bei der USA war das nicht so das Problem im Vorfeld, weil die Informationen leicht zu finden sind, aber dafür wissen hier alle welche Politik wir vertreten sollten und wie wir uns zu verhalten haben und das ist nicht immer ganz einfach. Das hat also alles Vor- und Nachteile. Und hier auf der Konferenz hat man dann einen gewissen Spielraum, in dem man sich bewegen kann. Manchmal ist dann auch ein bisschen ‚Freestyle‘ dabei.

Mit Blick auf die Simulation in diesem Jahr: Was sind die Schwierigkeiten, denen ihr euch gegenüberseht?
Hauptsächlich, dass man mit Müdigkeit und Stress umgehen muss. Auch sich mit den Leuten zu einigen und Kompromisse zu finden, ist nicht immer einfach. Außerdem treffen hier viele Kulturen, hauptsächlich Europa und Südamerika und natürlich Nordamerika, aufeinander.

Kristallisieren sich bestimmte Konflikte oder Überthemen, z.B. Klimawandel, heraus, bei denen es besonders hart ist, die Verhandlungen am Laufen zu halten?
Der Sicherheitsrat beschäftigt sich momentan, genau wie in der Realität, mit der Krimkrise. Und Umweltthemen sind für die USA auch nicht leicht. Allerdings kommt es auch immer darauf an, wie stark der Gegenpart – meist Russland, für Frauenthemen beispielsweise auch arabische Länder – ist. Aber es ist nicht so, dass die Zusammenarbeit hier komplett auf Eis gelegt wird; das würde die Konferenzleitung nicht zulassen, da es ja hier darum geht was zu lernen.

Gerade bei so etwas Aktuellem wie der Krimkrise verfolgt ihr sicher auch vor Ort die aktuellen Entwicklungen und Statements, vor allem von Seiten der USA, oder?
Ja genau. Allerdings ist da nicht so viel Spielraum, das auch einfließen zu lassen, da die Agenda nicht verändert werden kann. Der Security Council ist da eine Ausnahme, in dem auch aktuelle Entwicklungen eine Rolle spielen.

Eine etwas metaphorische Frage zum Schluss: Was bringt ihr – außer neuen Erfahrungen – aus New York zurück mit nach Thüringen?
Neue Freunde aus allen Ländern, Fotos, Eindrücke und Ideen für kommendes Jahr.

Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt, und weiterhin viel Erfolg in New York!

Das Interview führte Frank.

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