Die Schicksalsgöttin in der KulturArena

Trotz Deutschland-Spiel und Nieselregen lockte die Ouvertüre der diesjährigen Kulturarena mit Carl Orffs Carmina Burana Studenten wie Rentner nach Lobeda.

von Lara

Es waren nicht die besten Ausgangsbedingungen: Nicht nur zeigte sich das Wetter mit Kälte und gelegentlichem Nieselregen unbarmherzig, auch das Gegenprogramm Deutschland gegen Schweden zog viele Menschen an und war das bestimmende Gesprächsthema vor Konzertbeginn. Trotzdem war die Arena-Ouvertüre selbst am Abend des Deutschland-Spieles ausverkauft. Und so blieb zwar der eine oder andere nasse Sitzplatz auf dem Festplatz Lobeda West unbesetzt, doch die meisten Zuschauer warteten bereits eine ganze Weile vor Beginn auf ihren mitgebrachten Kissen und Plastikponchos.
Schon die Wucht der ersten Takte von „O Fortuna“ blies Regen und Fußball-Nervosität endgültig weg. Das Orchester der Jenaer Philharmonie spielte die Klage an die Schicksalsgöttin mit einer eindringlichen Intensität, die den Platz erfüllte, zu Beginn jedoch an den Chor etwas untergehen ließ. Nach dem Auftakt zeigten die Sänger ihre volle Stärke, von den leiseren Passagen bis zum kraftvollen Finale. Allen voran konnten die drei Solisten begeistern. Besonders beeindruckend war der Auftritt von Tenor Edward Lee, der mit panischem Blick und zitternden Händen das Klagelied des überm Feuer bratenden Schwans singt und damit einem ursprünglichen Gedanken Carl Orffs Rechnung trägt: Er selbst bezeichnet die Carmina Burana als „szenische Kantate“ und rückt den Text ins Zentrum, den er durch Musik, aber auch mittels Darstellung lebendig werden lassen wollte.
Auch wenn szenische Aufführungen von Orffs bekanntestem Werk selten sind, sind die Carmina Burana heute in Konzerten, aber auch Fernsehspots und Sportevents präsent. Die „Beurer Lieder“ aus dem 13. Jahrhundert, die der Münchener vertont und 1937 uraufgeführt hat, umfassen Liebes- und Sauf- und Spottlieder, sie erzählen auf Lateinisch und Mittelhochdeutsch vom einfachen Leben der Menschen. Den Musikern um Dirigent Simon Gaudenz und Chorleiterin Berit Walther gelang es, die Lieder auf vielfältige Weise mit Leben zu füllen und einem der bekanntesten Stücke der klassischen Musik in vollem Umfang gerecht zu werden. So wurde das Publikum bis zu den letzten Takten der Zugabe in den Bann gezogen – nur aufgeschreckt durch den frenetischen Jubel aus der nächstgelegenen Fußballkneipe, der in einzelnen Momenten leider allzu deutlich zu hören war. Aber da war Fortuna wohl ohnehin gerade in Russland.


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