CU L8ER C4! Oder: Wenn’s am schönsten ist, soll man weitermachen …

von bergi

Im schönen Jahre ’98 des letzten Jahrhunderts fanden sich einst junge Kulturverbesserer im Clubhaus zu Saalfeld ein, um unter dem Titel „Kulturschock #1“ Ausstellungen und alternative Veranstaltungen zu organisieren. Ziel war es – wie so oft – nicht den Geldbeutel zu füllen oder dem Zuschauer konsumfertige
Plastiken zu disponieren, sondern das, was da unter Kunst und Kultur verstanden wurde, zu leben und weiterzugeben. Resultat war nicht zuletzt die Gründung des Caleidospheres-Vereins, der sich just nach der Jahrtausendwende ans Werk machte, das Gaswerk Weimar kulturell zu bespielen. Innerhalb eines Dreivierteljahres kamen 18 junge und überregionale Künstler zusammen, um gemeinsam an einem einzigen Abend Lesungen, Musik, Installationen, Skulpturen usw. – zum künstlerischen Konglomerat geformt – der Öffentlichkeit feilzubieten.
Von Kulturschock bis World/Inferno
Die Idee war gut und die Welt offensichtlich bereit, denn schon 2001 folgte ein ähnliches Projekt im Kassablanca in Jena. Nach einer Partizipation der Caleidomaten beim Kassa-Sommercamp fühlten diese sich langsam heimisch und – zwischen einer Diskussion über eine eventuelle Nutzung der alten Baracke gegenüber des Kassa bis zum Beziehen derselben als offizielles C4-HQ – lagen nichts als Initiative, harte Arbeit und vor allem umfangreiche technische, logistische und buchhalterische Unterstützung durch die Kassanauten. Laut Ingoratus C. Fritzschelius war die Prämisse von Anfang an klar: institutio­nelle und finanzielle Unabhängigkeit. Es gehe dabei vor allem um Kunst und Kultur, die privaten Ansprüche sind nebensächlich. Dieses Nicht-Erfolgskonzept war erfolgreich. Abgestoßen oder abgelehnt von etablierten Ausstellungshallen mit Sektempfang und Profi-Portfolio strandeten und stranden unzählige namenlose und namhafte Künstler in den weiten Hallen des Caleidospheres. Sie finden dort Menschen, die darauf Wert legen, die Veranstaltungen gemeinsam mit ihnen zu planen und die Räumlichkeit auf vielfältigste Weise zu nutzen. Menschen, denen an der Bildung von Netzwerken gelegen ist, die all die gesammelten Erfahrungen in diesen Bereichen nur zu gern teilen. Menschen, deren Ziel es ist, „die Schranken in den Köpfen“ wieder aufzumachen.
Und so zeugt die Historie von einem mannigfaltigen und in Jena vergleichslosen Kulturtreiben bis zum heutigen Tag, auch außerhalb der geheiligten Hallen. Neben Ausstellungen, Feriencamps und jeder Menge Theater gibt natürlich die Musik den Ton an. Neben derartigen Veranstaltungen stellte und stellt das C4 auch
Proberäume für Musikkapellen, ein Aufnahmestudio, Ateliers und zeitweise den Raum für eine Holzwerkstatt zur Verfügung, was der erwähnten Netzwerkbildung Tür und Tor öffnete. Viele kleine und große Geschichten umranken das alte Gemäuer – zu viele für diese UNIQUE-Seite. Wir kommen zu:

Freiheit ist Sicherheit – Sicherheit ist Parkplatz
Am 31. Juli ist Schluss am Gleis 2. Das liegt nicht zuletzt an einer recht anwaltlastigen Gesprächskultur seitens des neuen Eigentümers und den da­raus entstehenden Missverständnissen. Das C4 – oder besser: dessen Besucher – seien ein zu großes Sicherheitsrisiko auf dem Werksgelände des prestigeschwangeren
Glasherstellers. Da ist es ganz normal, eine Räumungsklage in Aussicht zu stellen, sollte oben genanntes Datum nicht eingehalten werden. Kein Grund allerdings, den Kopf in den Schotter zu stecken. Das Haus am Gleis 2 ist leider verloren, aber die Caleidomaten strotzen nur so vor Energie. Was sie benötigen, ist jetzt ganz konkret ein großes Lager für die Übergangszeit. Auf die Anfrage bei Schott, den Hallenteil des Hauses im August und September als Lager benutzen zu dürfen, erhielt man zur Antwort, das wäre überhaupt kein
Problem, sofern das gesamte Haus gemietet und bei Auszug ordentliche „Schönheitsreparaturen“ durchgeführt würden. Wie bitte!? Wohlgemerkt für ein Haus, das ein Parkplatz werden soll! Die Stadt Jena wünscht sich zwar eine stärkere Zusammenarbeit von Wirtschaft und Kultur, kann dazu aber gerade keine verbindlichen Aussagen treffen. Bleibt es also wieder an den Bürgern hängen …
Wer ca. 800 m2 Lagerraum für den erwähnten Zeitraum zur Verfügung stellen kann, melde sich bitte umgehend unter info@caleidospheres.de. Oder noch besser: Einfach mal vorbeischauen. Zum Beispiel zur besten Band der Welt, „The World/Inferno Friendship Society“, am 27. Julei im Bauhausjahr.

http://caleidospheres.de/history.html


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert