Amor und seine Psyche

©Paula Kasten

Amor ist den meisten Menschen ein Begriff. Immer wieder taucht er in unserer Sprache, in Filmen und Büchern auf. Bei dem Versuch, mehr über den römischen Gott herauszufinden, stolpert man andauernd über einen Namen: Psyche. Von der großen Liebe des Gottes der Liebe.

von Mici

Am ehesten lässt sich Amor wohl als Gott des „Sich-Verliebens“ bezeichnen. Bewaffnet mit Pfeil und Bogen sorgt er dafür, dass zwischen zwei Menschen tiefe Gefühle entflammen. Als Sohn der Venus, der Göttin der Liebe, der Schönheit und des Verlangens, wurde ihm diese „Gabe“ praktisch in die Wiege gelegt – sie ist sozusagen gottgegeben. Doch seine Motive sind keinesfalls immer ehrenhaft; so nimmt er es mutwillig in Kauf, mit seinen Liebespfeilen Ehen zu zerstören oder anderes Unheil in die Welt zu bringen. In diesem Punkt steht er seiner Mutter allerdings in nichts nach…

Denn eines Tages kam Venus die Erzählung eines atemberaubend schönen Erdenmädchens zu Ohren. Psyche, die jüngste (und selbstverständlich schönste) von drei Königstöchtern war so bildhübsch, dass sie sogar Venus in ihren Schatten stellte. Aus tiefster Wut und Eifersucht befiehlt sie ihrem Sohn Amor, mit einem seiner Pfeile dafür zu sorgen, dass sich Psyche in einen schlechten (und vorzugsweise hässlichen) Mann verliebt, im besten Fall sogar in ein schreckliches Ungeheuer. Doch wie es der Zufall – und jede gute Liebesgeschichte – will, erwischt sich Amor selbst mit genau diesem Pfeil, weshalb sich die beiden sofort Hals über Kopf ineinander verlieben. Amor und Psyche lassen nichts anbrennen und heiraten sofort – allerdings heimlich, da eine Verbindung zwischen einem Gott und einem Menschen für die Götter inakzeptabel ist. Daraufhin bringt Amor seine Frau in ein abgelegenes, märchenhaftes Schloss, in dem er fortan mit ihr leben will. Lediglich ein Versprechen nimmt er ihr ab: Dass sie ihn nie zu sehen bekommen und auch nie versuchen würde, zu erfahren, wer er sei. Psyche willigt ein.

Dort lieben sich die beiden Nacht für Nacht – eine bizarre Vorstellung, bedenkt man, dass sie ihn tatsächlich nie zu Gesicht bekommt. Tagsüber verschwindet Amor jedoch, weshalb sich Psyche schnell einsam fühlt und ihren Mann bittet, ihr den Besuch ihrer Schwestern zu gestatten. Amor gewährt ihr diesen Wunsch, mit der Warnung, sich nicht von ihren Schwestern verleiten zu lassen, einen Blick auf ihn erhaschen zu wollen. Doch bei einem der vielen Besuche ihrer Schwestern wird Psyche schließlich schwach. Sie ist mittlerweile schwanger und kann es nicht länger ertragen, die Identität ihres Geliebten nicht zu kennen. Eines Nachts tritt sie deshalb mit einer Öllampe in der Hand an Amor heran. Als sie erkennt, wen sie tatsächlich vor sich hat, ist sie so entzückt, ja der Ohnmacht nahe, dass sie die Lampe in ihrer Hand vergisst und deshalb ein Tropfen Öl auf Amors Schulter tropft, woraufhin dieser erwacht. Amor, der für Psyche seine Mutter hintergangen hatte, sieht sich nun selbst betrogen und macht sich sofort aus dem Staub. Die von Schuldgefühlen geplagte Psyche durchkämmt daraufhin das ganze Land und sucht, als sie keinen anderen Ausweg mehr sieht, das Haus ihrer Schwiegermutter auf. Die noch immer eifersüchtige Venus stellt ihrer Rivalin einige lebensgefährliche Aufgaben, um sie endgültig loszuwerden. Als Psyche gerade im Begriff ist, sich ihrem Schicksal hinzugeben, wird sie von Amor gerettet, der sie trotz ihres Verrats noch immer vergöttert. Um seine Mutter und die übrigen Götter zu besänftigen, bittet Amor den Göttervater Jupiter um seinen Segen für die (erneute, aber diesmal richtige) Hochzeit. Der oberste Gott hat Nachsicht und vermählt die beiden nicht nur, sondern macht Psyche obendrein ebenfalls unsterblich. Kurz darauf kommt ihre Tochter zur Welt, der sie den Namen Voluptas (lat. Wollust bzw. Vergnügen) geben.

Die Geschichte von Amor und Psyche stammt ursprünglich aus dem Jahre 170 n. Chr. aus der Feder des Dichters Apuleius. Sie war seitdem Inspiration für viele Werke der Literatur, Musik und Bildenden Kunst. Auch einzelne Elemente der Erzählung, wie der mysteriöse Bräutigam, die bösen Schwestern oder die lebensbedrohlichen Prüfungen, wurden seitdem in zahlreichen Geschichten aufgegriffen. Dazu zählen Shakespeares Ein Sommernachtstraum sowie die Märchen Aschenputtel und Die Schöne und das Biest. Amor und Psyche werden zuweilen als der Romeo und die Julia der Antike bezeichnet und teilen sich damit wohl mit den beiden den ersten Platz um das Rennen des größten Liebespaares aller Zeiten.


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