5 Fragen an… Benjamin Heisenberg

(Foto: Manfred Werner)

Regisseur Benjamin Heisenberg präsentierte im Rahmen der Brandschutz-Filmreihe seinen Film Schläfer. Wir sprachen mit ihm über die „Berliner Schule“ und Blockbuster-Kino.

unique: Herr Heisenberg, Ihr Film Schläfer von 2005 thematisiert unter anderem staatliche Überwachung und Datensammlung – eine Thematik, die mit Blick auf den NSA-Skandal aktueller denn je ist. Würden Sie den Film heute noch einmal genauso drehen?
Heisenberg: Das lässt sich schwer sagen, denn wie man einen Film macht, ist natürlich immer vom eigenen Wissensstand abhängig. Wenn es um die Darstellung des Datensammelns geht, würde ich wahrscheinlich einiges verändern. Die Verfahren und technischen Möglichkeiten sind heute andere. Aber die Verbindung zwischen den Figuren – auch zwischen der Frau vom Verfassungsschutz und dem Protagonisten Johannes – kann man heute noch genau so erzählen; ich glaube, daran hat sich nicht viel geändert.

Sie und Ihre Kollegen Christoph Hochhäusler und Maren Ade werden als Filmemacher der „Berliner Schule“ zugerechnet. Allerdings sträuben Sie sich etwas gegen diesen Kollektivbegriff. Woran liegt das?
Der Begriff „Berliner Schule“ bezieht sich ja ursprünglich auf Filmemacher, die wirklich in Berlin studiert haben, wie Christian Petzold oder Thomas Arslan. Wir, sozusagen die „zweite Generation“, haben in verschiedenen Ecken studiert. Auch die Filme sind inhaltlich ja sehr unterschiedlich, schließlich war dahinter auch keine bestimmte „Agenda“. Sondern es gab Leute – nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt –, die eine bestimmte Art der Kamera-Führung oder des Beobachtens interessant fanden. Das hat weniger mit Berlin zu tun als mit einer Haltung gegenüber der Welt, in der wir leben. Darum gibt es etwa auch Filme aus Mexiko aus der gleichen Zeit, bei denen man sagen würde: Die sehen aus wie „Berliner Schule“. Insofern fand ich den Begriff immer ein bisschen irreführend. Es ist auf gewisse Weise eher eine Ästhetik, eine Strömung des Weltkinos.

Der Regisseur und Journalist Oskar Roehler kritisierte einmal, die Filme der „Berliner Schule“ seien „langsam, trist“ und „immer spröde, immer streng“. Ist es vielleicht gar nicht Ihr Anspruch, die Zuschauer zu unterhalten, im Sinne eines Entertainments?
Statt „streng“ könnte man auch Attribute wie „konzentriert“, „genau“, teils „nachdenklich“ und „beobachtend“ nennen. Aber wenn es um uns als Zuschauer geht ist immer die Frage, was wir suchen, wenn wir ins Kino gehen: Freuen wir uns auf Blockbuster, in denen es richtig kracht und rummst? Oder lassen wir uns auf einen Film wie Schläfer ein? Denn auf so einen Film muss man sich auch einlassen; es ist nicht das klassische Popcorn-Kino. Solche Filme sind eine wichtige Spielform des Kinos, dieser riesigen Kunstform, die sich in völlig unterschiedlichen Formen äußern kann. Filme wie Schläfer oder andere des sogenannten Arthouse-Kinos erzeugen beim Zuschauer eine ganz andere Erfahrung als etwa Oceans Eleven oder Transformers. Wie man das bewertet, bleibt jedem selbst überlassen.

Sind Ihre Filme und die Ihrer Kollegen dann so eine Art Gegengewicht zum deutschen Film der Schweiger-Herbig-Ära?
Das denke ich nicht. Ich glaube unsere Filme sind vielmehr eine Reaktion auf das Kino der späten 80er und der 90er Jahre, wo wir irgendwann gemerkt haben: Es gibt diese ganzen deutschen Komödien, die mögen auch gut funktionieren hierzulande, aber erfüllen nicht den Anspruch, den wir an filmisches Erzählen haben. Da stellte sich die Frage, was eigentlich mit dem Film – als Kunstform – in Deutschland passiert. Einzelne Personen, etwa Christian Petzold oder Angela Schanelec, haben immer wieder beachtliche Akzente gesetzt. Aber man konnte nicht von einem breiten Strom des deutschen Kinos sprechen, der interessante Filme macht. Das war auch ein Grund, warum wir 1998 das Filmmagazin Revolver gegründet haben…

Das ist nun gut 15 Jahre her. Würden Sie sagen, dass heute in Deutschland intensiver über Film reflektiert und diskutiert wird?
Also, ich will nicht behaupten, dass solche Veränderungen nur wegen unserer Zeitschrift passiert sind. „Revolver“ ist eher darauf angelegt, eine Wirkung innerhalb der Filmemacher-Community zu haben; insofern hat er wohl dazu beigetragen, dass manche Filme und Themen in dieser Community stärker wahrgenommen worden sind. Aber ich glaube, die eigentliche Wirkung hatten die Filme, die in den letzten Jahren entstanden sind. Mit ihrem Erfolg – auch auf den Filmfestivals – haben sie dazu geführt, dass sich eine Wandlung vollzogen hat.

Herr Heisenberg, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Frank.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert